Industrie- und Gewerbegebiet Jöss
Neues Gerwerbe- und Industriegebiet in Jöß
Industrie- und Gewerbegebiete sind bis dato kaum gestalterischen Konzepten unterlegen. Vor allem der regionale Siedlungsraum vermittelt ein sehr heterogenes, bis weilen schmuckloses Bild der einzelnen umgesetzten Projekte.
Die Gemeinde Lang entschloss sich hier den üblichen Mainstream zu verlassen und gemeinsam mit dem Grundeigentümer und Projektentwickler, Herrn Conrad-Eybesfeld, den Gestaltungsbeirat und der Baubezirksleitung mittels einer Studie einen neuen Weg der Industriegebietsplanung zu gehen.
Der mit diesem Studienauftrag begonnene Planungsprozess ist Teil eines umfassenden und vorbildlichen baukulturellen Prozesses.
Internationale Planerteams wurden eingeladen, auf die unterschiedlichen Parameter sowohl für den Ort angemessene wie an internationalen Standards orientierte Antworten zu finden.
Die Teilnehmer reagierten mit den gezeigten Lösungen sehr unterschiedlich auf die Situation und die Aufgaben. Das Siegerprojekt von West8 aus den Niederlanden sieht vor, dem Gebiet seine eigene Identität zu geben, indem vorhandene Elemente des Ortes aufgenommen und diese dann gezielt mit neuen Strukturen verstärkt werden.
Eine landschaftlich angelegte, auf das Schloss Eybesfeld ausgerichtete Achse bildet einen Grünraum mit „eingestreuten“ Kollektivnutzungen sowie eine Infrastruktur- und Verkehrszone.
Anlässlich der Projektpräsentation wurde von Landesrat Dr. Christian Buchmann die Aufnahme des Gebietes in den Schwerpunktbereich "Headquarters und Centers of Competenc“ des Landes Steiermarks über die SFG erklärt. Die Gemeinde und der Grundeigentümer rechnen sich mit Anfang 2014 die ersten Betriebsansiedlungen aus.
INTERNATIONALE
PLANER AM WERK.
Projektverlauf
11/01/2013
Gestaltungsbeiratssitzung, Konzeption
02/2013
Ausarbeitung der Projektunterlagen
20/03/2013
Aussendung der Unterlagen
08/04/2013
Konstituierende Jurysitzung & Projektvorstellung, Hearing
06/05/2013
Zwischenpräsentation mit Feedback der Jury
04/06/2013
Abschlusspräsentation & Wettbewerbsjury und Ergebnisbekanntgabe
11/06/2013
Pressekonferenz
Die Jury
Juryvorsitzender Architekt Peter Pretterhofer
O.Univ.-Prof. DI Dr. Gerlind Weber
Die 3 Projekte
WEST8 URBAN DESIGN & LANDSCAPE ARCHITECTURE B.V.
SIEGERPROJEKT
Jurybegründung:
Das Projekt sieht vor, dem Gebiet seine eigene „Adresse“, seine eigene Identität zu geben, indem vorhandene Elemente des Ortes aufgenommen und diese dann gezielt mit neuen Strukturen verstärkt werden.
Eine landschaftlich angelegte, auf das Schloss Eybesfeld ausgerichtete Achse bildet einen Grünraum mit „eingestreuten“ Kollektivnutzungen sowie eine Infrastruktur- und Verkehrszone. Sie soll das neue Bild des Industrie- und Gewerbeareals definieren. Neben dieser identitätsstiftenden Achse, die sämtliche Grundstücke mit Sekundärstrassen erschließt, werden entlang der Landesstrasse L602 höherwertigere Baustrukturen vorgeschlagen, welche mit dem gegenüberliegendem Schloßareal eine „alleeartige“ Ortseinfahrt - Lang bilden sollen. Ein markantes Eingangsgebäude im Norden sowie ein von Baukörpern gefasster Platz gegenüber dem Glyzinienhof definieren diese „Alleeeinfahrten“.
Sehr positiv wird der Umgang mit den Rändern bewertet der das Projekt mit seiner Umgebung verzahnen lässt und ein auf den Ort reagierendes spezifisches Projekt generiert. Eine von Beginn an gute Vermarktung des Areals, bei geringen Infrastrukturinvestitionskosten, ist durch die anfängliche Entwicklung der Randbereiche und Verwendung bestehender Verkehrsachsen gegeben.
Der „Maßstab“ des Querschnittes der Hauptachse sowie die Ausformulierung ihrer Enden sind im Bezug auf die Bedeutung des Gebietes zu überdenken.
Es sollte die Allee als Rückgrat, als „Central Park“, stärker mit dem angrenzenden Rasterfeld verwoben werden damit auch nicht direkt angrenzenden Grundstücken stärker eingebunden werden können.
Die Bebauungsregeln entlang der Geländekante zur Landesstrasse L602 sind zu hinterfragen da hier hohe Investitionskosten hinsichtlich der Gründung und Hangsicherung zu erwarten sind und eine Vermarktung erschweren. Vielmehr könnten diese Flächen als Vorbehaltsflächen für eine spezifische hochwertige Baustruktur freigehalten werden. Mit der starken Einbindung der vorhandenen Strukturen und der Vielfalt der Bebauungsmöglichkeiten wird ein hohes Maß an Differenziertheit geschaffen und die „Verortung“ gestärkt.
ARTELIER THOMAS PUCHER ZT GMBH
Jurybegründung:
„Gebäudeschollen schwimmen am Leibnitzer Feld“
Der Verfasser interpretiert die vorgefundene artifizielle Landschaft als ein Patchwork großmaßtäblicher Elemente , die relativ autonom im Landschaftsraum „floaten“. Aus dieser unkonventionellen Sichtweise wird eine interessante, städtische Typologie großer geometrisch verzogener Hofräume gebildet, die auf eine offene kollektive Mitte konzentriert sind.
Die Jury würdigt die unkonventionelle Herangehensweise an den Landschaftsraum, sowie das Bemühen , mit den Hofräumen eine Typologie in die Diskussion einzuführen, deren Hauptmerkmal die Raumbildung (Außen/Innenraum) ist, als Gegensatz zu den objekthaften, freistehenden Typen üblicher Gewerbe/Industrieparks.
Die Stärken sind gleichzeitig auch Schwächen des Projektes, da die zukünftigen Eigentümer noch nicht feststehen und durch das direkte Nebeneinander die Nachbarschaften ausverhandelt werden müssen.
Insgsamt entstehen zu große Widersprüche zu einer schnellen und gängigen Vermarktung, das Projekt ließe sich eventuell mit schon bekannten Eigentümern in Großstadtnähe realisieren, auch die Nachnutzung der unkonventionellen Gebäudezuschnitte steht einer Wirtschaftlichkeit im Wege.
GANGOLY & KRISTINER ARCHITEKTEN ZT GMBH & OFFICE KERSTEN GEERS DAVID VAN
Jurybegründung:
Structuring the Void
Das Planungsgebiet stellt in den Augen der Verfasser als ehemaliges Schotterabbaugebiet eine transformierte Landschaft dar. Diese gilt es, in seiner Lage zwischen der „Landschaft“ mit dem Flusslauf der Lassnitz und dem Schlosspark und der „Industrie“ in Lebring auf der anderen Seite, zu „kultivieren“.
Dieser als „Industrielandschaft“ bezeichnete Raum wird mittels eines Rasters aus Dämmen und Erschliesungsstraßen in Nordsüdrichtung und einer Bepflanzung in Ostwestrichtung geordnet. Zusammen mit dem Vorschlag einer Zwischenbewirtschaftung mittels Saatgutvermehrung erhält der Ort seine Identität.
Auf Grundlage dieser Struktur lässt sich nun der Ort nach wenigen und einfachen gestalterischen Regeln besiedeln.
Der Faktor Zeit spielt in diesem Konzept eine wichtige Rolle. Jeder Bebauungszustand stellt sowohl Zwischen- als auch Endergebnis dar.
Auf dem Gebiet verteilte kollektive Sammelparkplätze, die mit Bäumen aus dem Bestand Eybesfeld bepflanzt werden sollen, bilden einen weiteren räumlichen Layer in diesem Konzept.
Die Jury würdigt den Ansatz der Verfasser, nicht das Bild eines Endzustandes zu suggerieren, sondern den Prozess einer Entwicklung steuern und räumlich sichtbar machen zu wollen.
Die vorgeschlagenen Sammelparkplätze leisten einen guten Beitrag zu Fragen der Mobilität.
Dass die Einpassung am Ort zur Darstellung des Konzepts grundsätzlich nicht von Bedeutung ist, wird vom Preisgericht verstanden.
Trotzdem bleiben diesbezüglich einige Fragen unbeantwortet:
Wie stellt sich die vorgeschlagen Zwischennutzungen wirtschaftlich dar, wie sieht der tatsächliche Umgang mit den schiefwinkeligen Grundstücken aus, wie findet die (mehrfach notwendige) Anbindung an die bestehenden Straßen statt. Die Frage und der Wunsch einer möglichen Nutzung durch den Eigentümer an der Bundesstraße bleiben ebenso unbeantwortet.